Gabriele Paulsen
Nessita GmbH, Hamburg

Sexualassistenz in der Pflege und Betreuung - Tabu? Angebot und/oder Lösung?

Welche Möglichkeiten haben wir, uns als Pflegekräfte am Arbeitsplatz zu schützen und wie erkennen wir die eigenen Grenzen im Sinne der Prävention?

Meist ist gerade der junge Mitarbeiter nicht auf einen sexuellen Übergriff vorbereitet. Je nach eigener sexueller Sozialisation wird aus Scham oft nicht darüber gesprochen und Begegnungen, die auf persönlicher Ebene als unangenehm empfunden werden, seelisch nicht verarbeitet. Die Dunkelziffer ist hoch und Unterstützung vonnöten. Die intimen Bedürfnisse der Klienten/Bewohner sind Bestandteil des Pflegealltags und diese zu verleugnen ist keine adäquate Lösung der Herausforderung. Eine Auseinandersetzung in Form von Bewusstsein schaffen und Lösungen anbieten liegt in der institutionellen Verantwortung. Mitarbeiterfortbildungen zum Thema, Trainings zur empathischen Gesprächsführung, konkrete Hilfsmittelangebote bis hin zur Sexualassistenz können Pflegende in Ihrer Profession und bei der eigenen Abgrenzung unterstützen. Voraussetzung dafür ist ein offener Umgang innerhalb der Einrichtung. Werden erotische Bedürfnisse konkret geäußert, können sie als Ressource des Bewohners anerkannt werden und im Rahmen der Patientenedukation vielleicht auch sinnliche Angebote einen Platz finden. Beginnend bei der Erfassung in Leitbild, Konzept und strukturierter Informationssammlung trägt dieser Aspekt zur Verbesserung der Strukturqualität bei. Bereits in der Einarbeitung können Kollegen auf möglich bevorstehende Ereignisse vorbereitet werden, indem ein Raum für Erfahrungsaustausch im Team und/oder anderswo als interne Kommunikationsstruktur geschaffen wird. Die Ausgangssituation wird als Fallbesprechung oder Pflegevisite beschrieben und analysiert. Erst dann kann gemeinsam die Entscheidung getroffen werden, welche handlungsweisenden Maßnahmen eingeleitet werden. Zur Organisation eines erotischen Besuches benötigt es etwas Vorarbeit der vermittelnden Pflegekraft:

Der Einsatz einer Nessita oder eines Nessitos kann bei Menschen mit Demenz immer nur ein Versuch sein. Sexualassistenz als therapeutischer Ansatz kann für die Pflegenden Entlastung bei herausforderndem Verhalten bringen. In der Regel entspannen und genießen die Bewohner die Zeit zu zweit und können sich auf Besuche in der Zukunft fokussieren. Nicht selten sind auch Ehepartner dadurch entlastet, da meist aus der Paarbeziehung eine Pflegebeziehung geworden ist, in der Sexualität keinen Platz mehr findet. Die Freiwilligkeit und Bereitschaft aller Prozessbeteiligten ist unabdingbar und im Sinne der Selbstbestimmung das höchste Gut. Somit kann jegliches Angebot immer nur im Zusammenhang mit einem ausführlichen und aufklärenden Beratungsgespräch durch die Pflegekraft erfolgreich angenommen werden.